
by cinemaclaco
Der Chopinverehrer und Konzertpianist Paul Orlac verliert in einem Zugunglück beide Hände. Auf das Flehen seiner Gattin – „seine Hände sind sein Leben“ – hin unternimmt der gerufene Chirurg ein riskantes medizinisches Experiment und implantiert Orlac die Hände eines Verstorbenen. Im Laufe des Genesungsprozess gelangt der Pianist zu dem Schluss, dass die neuen Hände nicht nur einem Mörder gehörten, sondern auch ein Eigenleben führen und ihm zu Mord und Totschlag drängen wollen. Doch nicht nur die Hände der titelgebenden Hauptfigur sondern auch jene der Ehefrau, ihrer Dienerin, der Gläubiger und der Ärzte wissen die Kameramänner Hans Androschin und Günther Krampf geschickt in Szene zu setzen. Wie viele Filme dieser Epoche wird auch ORLACS HÄNDE von einer übermächtigen Vaterfigur als auch einer „Parade von Tyrannen, Verrückten, Schlafwandlern, wahnsinnigen Wissenschaftlern“ (Thomas Elsaesser) bevölkert. Conrad Veidt, der 1942 als Major Strasser in CASABLANCA auftreten sollte, liefert als Orlac eine beachtliche schauspielerische Leistung, indem gegen seine eigenen Hände wie gegen die eines Fremdkörper anspielte.

In ihrem zum Standardwerk avancierten Buch Die dämonische Leinwand beschreibt die berühmte Filmkritikerin Lotte Eisner die Gestik des Schauspielers wie folgt: „“In […] Orlacs Hände erreicht er (Conrad Veidt) die intensivste Expression des Unheimlichen: der langsam zum Wahnsinn getriebene Orlac, (…) vollführt mit einem Messer, dem diese Hände nicht entrinnen können, zuckende Bewegungen. Die arabeskenhaften Körperwindungen von Veidt nehmen eine unerhörte Vehemenz an, das expressionistisch Tänzerische übersteigert sich.“ Neben dieser an Max Reinhardts Theater und das russische Ballett erinnernde Schauspielleistung sind das Setdesign der Handlungsorte Stadtvilla, Zeitungskiosk, Kaffeehaus und Heuriger als auch die kontrastive Lichtgestaltung im besonderen Maße expressionistisch stilisiert.

Robert Wiene schrieb mit seinen zwei Stummfilmen ORLACS HÄNDE und DAS KABINETT DES DR. CALIGARI Filmgeschichte. Die beiden expressionistischen Filme werden heute zu den kinematographischen Meilensteinen des Weimar Cinema, d.h. zum Goldenen Zeitalter des deutschen Films, gezählt und sind Bestandteil des Stummfilmkanons.
- 9. Mai 2015 ab 18:00 im Großen Vortragssaal des Grassimuseums, mit Einführungen und Livebegleitung an der Welteorgel (© der Film- und Personenbilder beim jeweiligen Studio/Vertrieb)