Kinematographischer Urlaub: Napoli

von cinemaclaco

Ach, wenn es in Neapel doch nur halb so viele Kinos wie Anzeichen des Mardonafankultes gäbe, dann wäre es cineastisch gut um die Stadt zu Füßen des Vesuvs bestellt! Anders als Rom hat Neapel jedoch keine große Filmkultur aufzuweisen. Folglich irrte Andy Warhol auch in diesem Punkt, als er meinte: „Neapel ist wie New York und New York ist wie Neapel.“

Es existieren nur noch wenige Kinos und kaum Filmkulissen, die sich in das kollektive Filmgedächtnis eingebrannt hätten. Selbst an Videotheken haben wir keine, abgesehen von einer kleinen Leihbude, gesichtet. Es gibt jedoch drei gut sortierte Kulturkaufhäuser mit  großzügig eingerichteten DVD-Abteilungen. Empfehlenswert ist die Filiale an der via Santa Caterina a Chiaia, 23, denn diese lässt sich mit einem Spaziergang am Meer und der Besichtigung des Castel dell’Ovo kombinieren.

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Wer Originalfassungen von  beispielsweise Sophia Loren- oder Totòfilmen kaufen will, kann diese aber auch sehr günstig in den kleinen Lädchen auf der lebhaften und an Lokalkolorit nicht armen Spaccanapoli erstehen. Wessen Herz für den italienischen Schauspieler Totò schlägt, dem empfehle ich nicht nur einen Besuch des Museums im Castel Nuovo, sondern auch die Freiluftausstellung am Drehort seines letzten Films, bei dem Pier Paolo Pasolini Regie führte.

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Bei der zwischen Universität und Industriehafen gelegenen Freiluftausstellung scheint es sich, wenngleich die Poster mit dem Wappen der Stadt versehen sind, um die Arbeit eines Fanclubs oder Vereins zu handeln, was die lockerluftige Aufhängung, die leidenschaftlichen Formulierungen im Text als auch die Auswahl der Bilder erklären würde.

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Hier noch eine kurze Liste der Filme, die in Neapel gedreht worden sind: GOMORRHA – REISE IN DAS REICH DER CAMORRA, DER TALENTIERTE MR. RIPLEY, DIE TIEFSEETAUCHER, DER POSTMANN, GESTERN, HEUTE UND MORGEN, DER GRAF VON MONTE CHRISTO, PAISÀ und LOVE IS ALL YOU NEED.


© der Film- und Personenbilder beim jeweiligen Studio/Vertrieb & cinemaclaco

Kinematographischer Urlaub: Cinecittà

von cinemaclaco

Rom – die ewige Stadt, die große Schönheit, der Inbegriff des Dolce Vita war die Destination des diesjährigen Sommerurlaubs. Die filmische Vorbereitung umfasste ROMAN HOLIDAY, LA DOLCE VITA, TO ROME WITH LOVE und LA GRANDE BELLEZZA.  Das Ziel waren  die vielen Kinos und das Filmstudio der Stadt. Fangen wir einmal mit Cinecittà an. Das Studio ist bequem und für 1€50, auch sehr günstig, mit der Metro A zu ereichen. Das Studiogelände liegt gute 20 Meter vom Metroausgang entfernt.

Der Eintritt kostet für die Fellini-Sonderausstellung und das Museum nur 10 €. Die Dauerausstellung „Perché cinema?“ trägt einen rein rhetorischen Titel, ist liebevoll ausgestattet und verfügt über kompakte, interessante Begleittexte auf Italienisch und Englisch. Zu sehen sind Kostüme von Cinecittà-Produktionen, Filmausschnitte, Fotografien u.v.m. . Genre und alle Aspekte der 7. Kunst werden für Filminteressierte und Filmwissenschaftler gleichermaßen interessant vorgestellt.

Abstecher wert sind auch das Café und der Museumsshop. Nachdem mit gutem Kaffee und Tramezzini für das leibliche Wohl gesorgt ist, hat jeder Filmbuff die Qual der Wahl: Filmbücher, Kinematographische Reiseführer, Poster, Pullis, Kaffeedosen, Bleistifte und alles, was man als Fellinifan (eigentlich nicht) braucht.

Besonders entspannend ist zudem der Park im Museumsareal, der zum Sonnen, Dösen und Lesen einlädt. Fazit: In Cinecittà kann man mehrere Stunden verbringen. Auch Bambini werden sich nicht langweilen.

Was man indes in Cinecittà nicht mehr zu Gesicht bekommt, ist Anita Ekbergs tiefausgeschnittenes schwarzes Abendkleid aus LA DOLCE VITA. Das macht ein anderes Requist aus FELLINIS CASANOVA wieder wett. Hier noch eine Liste der Filme, die in Cinecittà gedreht worden sind: beide Versionen von BEN HUR, die TV-Serien ROM, BORGIA und DER JUNGE PAPST, LA DOLCE VITA wie alles von Fellini, NINE, GANGS OF NEW YORK, ES WAR EINMAL IN AMERIKA, CLEOPATRA, sämtliche Spaghettiwestern und Sandalenfilme, KRIEG UND FRIEDEN sowie DER PATE 3.


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GESEHEN: cinematic world project N° 17

 

von cinemaclaco

Zurück zum cinematic world project: Teströl és lélekröl – On Body and Soul (Ildikó Enyedi, Ungarn 2017) verbindet zwei Handlungsebenen miteinander. Die eine schildert recht dokumentarisch den Berufsalltag auf einem ungarischen Schlachthof. Zu sehen ist u.a. der komplette Ablauf des Verarbeitens von Rindern, wie der Prozess des Tötens im professionellen Jargon genannt wird. In diesem Umfeld treffen die neueingestellte Qualitätsprüferin Mária und Endre, der Chef des Schlachthauses aufeinander. Es entwickelt sich unmerklich ein starkes Interesse und eine Sympathie zwischen den Beiden. Beim Mittagessen in der Kantine am Arbeitsplatz versuchen sie mühevoll Konversation zu betreiben. Schnell wird deutlich, dass sie auf verschiedene Weise gehandicapt sind. Um so überraschender für Beide der Umstand, dass sie des Nachts in ein und dem selben Traum als Hirsch und Hirschkuh aufeinander treffen, die harmonisch und fast schon zärtlich an einem winterlichen See verweilen. Tagsüber im sommerlichen Budapest verabreden sich Mária und Endre  zum gemeinsamen Schlafen, um erneut die überwältigende Seelenverwandtschaft der Traumwelt zu erleben. Die Physis der Darsteller, die gewöhnlich als Theaterschauspielerin und Verlagsleiter tätig sind, eröffnet einen Vorstellungsraum, indem diese sinnliche Annährung zwischen Mária und Endre plausibel und zugleich magisch erscheint.

Man könnte sagen, der Film verdeutlicht wie zeitversetzt die seelische und körperliche Annährung in einer Liebesgeschichte verlaufen kann; wenngleich auch andere Interpretationsmöglichkeiten vom Film angeboten werden. Herausragend sind neben dem zurückgenommen und naturalistischen Schauspiel der Hauptfiguren, die Kameraführung, Kadrierung v.a. als die Lichtsetzung des Films. In Deutschland lief Teströl és lélekröl – On Body and Soul bereits auf der Berlinale, wo der ruhige Film sowohl den Goldenen Bären als auch vom Internationalen Verband der Filmkritik und mit dem Preis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet wurde. Am 21.09.2017 startet der ebenfalls auf dem Sydney Film Festival ausgezeichnete Film ganz regulär unter dem Titel KÖRPER UND SEELE in den deutschen Kinos.


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